Zum Prozess
Zur Umsetzung der Kulturstrategie 2030

Ein Teil der Beauftragung zur Umsetzung der Kulturstrategie 2030 hatte die Entwicklung von Regionalkonferenzen mit möglichst breiter Beteiligung von Akteur*innen aus dem Kunst- und Kulturfeld zum Ziel. Es sollte ein offener, partizipativer Beteiligungsprozess unter Einbeziehung des Kulturressorts des Landes Steiermark und der in der Steiermark aktiven Kulturakteur*innen erarbeitet werden. Der Prozess der Regionalkonferenzen ist dabei selbst Teil der Strategie geworden. Eine sehr spezifische Matrix der Vernetzungsarbeit wurde entwickelt, eine eigene Dynamik angestoßen. In den kommenden Jahren sollen die unterschiedlichen Handlungsfelder durch eigens eingesetzte Fokusgruppen vertieft und ausgebaut werden. In weiterer Folge sollen in festgesetzten Abständen Evaluierungsmaßnahmen im Sinne von Qualitätssicherung sowohl aus dem Kunst- und Kulturfeld selbst - etwa bei Konferenzen in den Regionen -, aber auch durch externe unabhängige Expert:innen vorgenommen werden, um den Kurs bei Bedarf zu modifizieren.
Der komplexe, mehrstufige Prozess wurde mit einer intensiven Recherche im Frühling 2021 gestartet. Ausgangslage dafür waren die sieben Großregionen der Steiermark zuzüglich der Landeshauptstadt Graz. Am Anfang standen intensive Einzelgespräche mit vielen Kunst- und Kulturschaffenden. Dabei war es das Ziel, möglichst viele unterschiedliche Akteur*innen in den einzelnen Regionen zu involvieren.
Vorgespräche in den Regionen
In einer ersten Runde im Herbst 2021 wurden Vorgespräche mit jeweils zehn Kulturschaffenden an unterschiedlichen Orten in den Regionen geführt:
15.09.2021 | Region Liezen in Stainach
16.09.2021 | Obersteiermark Ost in Eisenerz
22.09.2021 | Obersteiermark West in St. Lamprecht
23.09.2021 | Oststeiermark in Anger
29.09.2021 | Steirischer Zentralraum in Köflach
30.09.2021 | Südoststeiermark in Kornberg
06.10.2021 | Südweststeiermark in Stainz
07.10. - 10.12.2021 | Graz: insgesamt 4 Treffen > in der Landeshauptstadt Graz
Bei der Einladung der Gesprächspartner:innen wurde auf einen breiten Querschnitt von Multiplikator:innen aus diversen Kulturbereichen, Generationen, Sparten, Initiativen und Institutionen geachtet. Bei einführenden Einzelgesprächen wurde die Grundintention des Prozesses beschrieben und um grundlegende Beteiligung und das Einbringen der eigenen Expertise samt konstruktiver Kritik am Status Quo angefragt. Bei den ersten Gesprächsrunden wurden mit einer spezifischen Moderations- und Aufzeichnungsform aktuelle Fragestellungen identifiziert. Erste Mindmaps entstanden - wobei diese Methode im weiteren Verlauf des Strategieprozesses eine zentrale Analyse- und Auswertungsmethode geblieben ist.
Fünf Themenfelder wurden als Grundlage für die weitere Arbeit festgelegt:
I. REGIONALES PROFIL
Themen: Expertise, Kompetenzen und Stärken in existierenden Projekten und Kooperationen vor Ort, anhand derer ganz konkret über die Zukunft der Region diskutiert werden soll. Welche Brücken sind für die „kulturelle Nahversorgung" samt lokalen und überregionalen Beiträgen zu schlagen? Wie sehen die generationsübergreifenden Brücken aus? Welche Vertiefungen brauchen die konkreten Themen im Kulturbereich selbst? Wie können sie besser nach außen vermittelt und neue Besucher:innen erreicht werden?
II. KOOPERATIV-OPERATIVE STRUKTUREN
Themen: Bedürfnisse im Aufsetzen und Umsetzen von Projekten. Welche modellhaften Unterstützungsstrukturen bzw. -plattformen sind nötig bzw. möglich? In welchen strukturellen Bereichen braucht es Reformen? Wie könnten regelmäßige, moderierte Kulturgespräche aussehen? Wie könnten daraus Vermittlungsformate nach außen entstehen? Wie könnte ein „künstlerisches Kulturbüro" („Kulturdrehscheibe", „kulturelles und künstlerisches Kompetenzzentrum") in der Region aussehen?
III. BEREICHS- UND RESSORTÜBERGREIFENDES ARBEITEN
Themen: Notwendige Anknüpfungspunkte an andere politische Ressorts wie Bildung, Umwelt, Wirtschaft, Tourismus, Integration, Soziales, um erweiterte, aber auch grundlegende Kulturarbeit umsetzen zu können. Stichwort: Musik- und Kunstschulen. Welche Schritte sind notwendig? Welche modellhaften Projekte könnten entstehen? Welchen gesellschaftlichen Bedarf gibt es?
IV. INNOVATION DURCH SPARTEN- UND GENERATIONSÜBERGREIFENDES ARBEITEN
Themen: Innovatives Potential im Aufeinandertreffen unterschiedlicher künstlerischer sowie kultureller Produktionszugänge. Was kann durch künstlerische Praxis mittels neuer Verbindungsachsen, Arbeitsweisen und Kooperationen geschaffen werden? Sind diese übergreifenden Arbeitsweisen auch auf das Erreichen bzw. Interagieren mit (neuen) Besucher:innen anwendbar?
V. VISIONÄRER AUSBLICK
Themen: Bündelung regionaler, struktureller und inhaltlicher Fragen zu einer überregionalen Vorgangsweise. Wie könnte ein neues gemeinsames gesellschaftsrelevantes Projekt in und zwischen den Regionen der Steiermark aussehen? Wodurch würde es innovative, zukunftsgestaltende und öffentlichkeitswirksame Strahlkraft entwickeln?
VORBEREITUNG DER REGIONALKONFERENZEN
Die fünf Themenfelder sollten nun in allen sieben Großregionen und in der Landeshauptstadt in Regionalkonferenzen diskutiert werden. Die Diskutant*innen der Vorgespräche wurden hierfür eingeladen, jeweils zu zweit einen Thementisch zu moderieren. Die Moderator:innen wurden gebeten, weitere zehn Akteur*innen aus der Region einzuladen, deren Expertise nicht fehlen sollte. Dafür wurden einige Parameter vorgegeben: Die zukünftigen Diskussionspartner*innen sollten Menschen aus unterschiedlichen Generationen und Feldern wie Kunst, Kultur, Soziales, Regionalentwicklung, regionalen LEADER-Managements, Politik, Bildung, Tourismus und Wissenschaft aus unterschiedlichen Teilen der Regionen sein. In Abstimmung mit Verwaltung und Berater:innen ist eine vielfältige Liste der kulturellen steirischen Landschaft mit rund 600 Akteur*innen entstanden. Erfreulicherweise waren beinahe alle Eingeladenen bereit, sich einzubringen. Mit dabei waren auch mehrere Kolleg:innen aus dem Kulturressort des Landes Steiermark. Ein wichtiger Aspekt war von Anfang an, transparent zu kommunizieren und faire Bedingungen für die Mitgestaltenden zu ermöglichen.

Ablauf der Regionalkonferenzen
Für die insgesamt acht Regionalkonferenzen wurde folgender Ablauf entwickelt:
Der erste Teil der Konferenzen bestand aus zweistündigen Diskussionen an fünf Tischen zu den jeweiligen Themen. Zur Dokumentation wurden den Moderator:innen Notizbücher für ihre handschriftlichen Aufzeichnungen zur Verfügung gestellt. Im Anschluss an diese Workshops wurde gemeinsam zu Abend gegessen.
Anschließend folgte der öffentliche Veranstaltungsteil, der von einer erweiterten Gruppe von Kunst- und Kulturinteressierten unter Teilnahme der lokalen Politik besucht werden konnte.
Nach der Begrüßung durch den steirischen Kulturreferenten Christopher Drexler sowie die Bürgermeister:innen bzw. Kulturreferent*innen der gastgebenden Gemeinde wurde der Prozessverlauf durch Heidrun Primas und Werner Schrempf vorgestellt, die den Abend moderierten. Darauf folgten inhaltlich abgestimmte Impulsreferate externer und internationaler Gäste. Ein Höhepunkt des Abends waren künstlerische Porträts der Region. Abschließend wurden die Diskussionsergebnisse des Nachmittags durch die Tisch-Moderator:innen präsentiert und durch Christopher Drexler zusammengefasst und reflektiert.
Zwischen dem Präsentationsteil und einem nachfolgenden gemeinsamen Ausklang gab es noch eine künstlerische Intervention - das feldstellen* -, eine soziale Plastik für Solidarität und Frieden, die aus aktuellem Anlass in Anbetracht der Kriegsereignisse in der Ukraine und anderer weltweiter Kriegsschauplätze etabliert wurde. Mit Musik wurde in den informellen Teil des Abends übergeleitet.
Die internen Diskussionen wurden als Audio-Dokumente aufgezeichnet, die öffentlichen Konferenzen live gestreamt und zum Nachschauen auf die offizielle Website des Landes gesetzt. So kamen insgesamt rund 90 Stunden Audiomaterial aus den Thementischdiskussionen und 90 Minuten Videomaterial aus den Bühnenpräsentationen zusammen, die im Anschluss an die Konferenzen ausgewertet wurden.

Sortierung & Kategorisierung
Nach den acht Regionalkonferenzen erfolgte das Sortieren der gesammelten Diskussionsergebnisse. Aus den Diskussionen an den Thementischen und aus den Abendveranstaltungen wurden jeweils rund 90 Stunden Audioaufzeichnungen und Live-Streamings sowie die handschriftlichen Notizen in 45 Büchern gesammelt, gesichtet, inhaltlich ausgewertet und aufbereitet. Die Inputs aus allen Thementischen wurden in analogen Mindmaps zusammengefasst; kategorisiert nach „Probleme/Kritik", „Stärken/Chancen", „Anliegen" und „konkrete Vorschläge". Diese handschriftlichen Mindmaps waren und sind ein zentrales Element im künstlerischen Forschungsprozess zur Kulturstrategie 2030 des Landes Steiermark.
Digitalisierung
Die so generierten 40 Mindmaps wurden digitalisiert und entlang der einzelnen Kapitel virtuell verknüpft (siehe Beispiele). Die Ergebnisse aus den Diskussionen konnten so archiviert und sichtbar gemacht werden. Per Mausklick ist es möglich, durch die Themen und Kategorien zu navigieren. Zum aktuellen Zeitpunkt besteht der Katalog aus insgesamt etwa 500 Seiten und kann bei Bedarf durch neue Textbausteine und Verknüpfungen erweitert werden. Auf diesen Grundlagenkatalog kann im weiteren Arbeitsprozess bis 2030 zugegriffen werden. Darüber hinaus wurden die Inputs zu den fünf Themen auch regionenübergreifend den Kategorien zugeordnet und zur weiteren Reflexion in Handouts zusammengeführt.

Gemeinsame Reflexion
Nach der Filterung und Einarbeitung der bei den Regionalkonferenzen gesammelten Inhalte in das oben beschriebene Kategoriensystem entlang der fünf Themen, sieben Regionen und Graz wurden alle Teilnehmer*innen noch einmal zu gemeinsamen Treffen im Oktober 2022 eingeladen, bei denen der Katalog präsentiert wurde.
Ziel der Treffen war eine gemeinsame Reflexion möglichst vieler Diskutant*innen der Regionalkonferenzen, um zu erheben, ob noch etwas Grundsätzliches fehlt. Die Zusammenarbeit sollte diesmal quer durch die unterschiedlichen Regionen zu den fünf einzelnen Themenbereichen stattfinden. So fanden die Diskutant:innen über die Regionen hinaus zusammen, was positiv angenommen wurde. Es wurden erneut Audioaufzeichnungen gemacht und Notizen gesammelt.
Diese wurden in Folge wieder ausgewertet und sortiert. Dabei wurde die Komplexität der einzelnen Themenfelder vertieft und daraus ableitbare Empfehlungen für Handlungsfelder erarbeitet.
Ein Auszug aus den wichtigsten Fragestellungen in Bezug auf die fünf Themenfelder, die bei den Reflexionstreffen zwischen 10. und 19. Oktober 2022 gemeinsam erarbeitet wurden:
Handouts als Arbeitsunterlage
Bei den Reflexionstreffen konnten die Teilnehmer:innen aus den unterschiedlichen Regionen erneut in Kleingruppen über das jeweilige Themenfeld reflektieren und die zugehörigen Fragen diskutieren. Zu diesem Zweck wurden Handouts ausgeteilt, in denen die Beiträge regionenübergreifend entlang der Kategorien „Probleme/Kritik", „Stärken/Chancen", „Anliegen" und „konkrete Vorschläge" sortiert nachzulesen waren. Die Diskutant*innen konnten Notizen, Anmerkungen und Ergänzungen anbringen. Diese wurden wiederum anonymisiert gefiltert und analysiert, um die Handlungsempfehlungen zur Umsetzung der Kulturstrategie 2030 zu komplettieren.
Zur Dokumentation der Ergebnisse dieser Reflexionen siehe: https://www.kultur.steiermark.at/cms/ziel/174842744/DE
Moderator*innentreffen am 28.3.2023
Im März 2023 fand ein weiteres Treffen mit den Moderator*innen der Regionalkonferenzen statt. Bei diesem wurden die Empfehlungen zu fünf verschiedenen Handlungsfeldern, die anhand aller ausgewerteten Inputs der Diskutant*innen erarbeitet worden sind, präsentiert und reflektiert.